Sabaheta schiebt mit letzter Kraft die Haustür zu. Sie hängt schräg in den Angeln und läßt sich nicht völlig schließen. Unter ihren Füßen knirschen Bruchstücke von der Wand, Fensterscherben und alte Tapetenreste. Erschöpft lehnt sie sich gegen die Flurwand. Sie zittert am ganzen Körper, läßt sich auf den Boden gleiten. Ihr Atem geht heftig und stoßweise. Ihr Herz rast, dröhnt in ihren Ohren wie das Donnern schwerer Geschütze und jagt das Blut schmerzhaft durch ihren Kopf. Sie lehnt sich zurück, die staubverklebten Haare rascheln an der Flurwand. Ganz langsam gewöhnen sich ihre Augen an das Halbdunkel. An der gegenüberliegenden Wand hängt das Schild "Bitte die Haustür schließen" ein wenig schräg; hinter dem letzten Buchstaben ist ein kreisrundes Einschußloch, wie ein Punkt. Das Schild stammt aus anderen Zeiten, aus Friedenszeiten, an die sich Sabaheta nicht erinnern kann, die sie nur aus den Erzählungen der Erwachsenen kennt. Zeiten, in denen Kinder jeden Tag zur Schule gingen, in denen es alles zu kaufen gab, sogar Schokolade und Eiskrem. Und in denen man auch vergessen konnte, die Haustür zu schließen, weil draußen kein Krieg herrschte...
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Karlheinz Dürr: ... darunter auch ein Kind. In: Reiner Engelmann (Hg.): Die kleinen Riesen im Alltag. Geschichten vom Muthaben und Mutmachen. Reinbek 1996, S. 119-127.
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